In unserer letzten Ausgabe haben wir ausgehend von der Finanzierung des Sockels der Freiheitsstatue in New York als „Urform des Crowdfundings“ vor allem die unterschiedlichen Formen von Crowdfunding dargestellt. In diesem zweiten Teil der „Crowdfunding-Serie“ wird neben typischen Anwendungsfällen für Crowdfunding auch ein Überblick über wichtige steuerliche Aspekte gegeben.
Wie bei jeder Finanzierungsform sollen auch beim Crowdfunding Kapitalgeber (Investoren) und Kapitalnehmer (Kapitalsuchende) zusammengebracht werden. Crowdfunding zeigt sich etwa bei innovativen Start-up-Unternehmen besonders hilfreich, da diese vor allem zu Beginn des Unternehmenslebenszyklus Fremdkapital benötigen. Ebenso kann Crowdfunding eine Lösung darstellen, wenn hohe Investitionen (z.B. für Forschung und Entwicklung oder für die Erschließung neuer Märkte) anstehen, jedoch die klassische Bankenfinanzierung für das Unternehmen nicht möglich ist. Die Gründe dafür können vielfältig sein und gerade in der fehlenden Eigenkapitalausstattung und den mangelnden Sicherheiten liegen wie auch in dem Umstand, dass die klassischen Kapitalgeber ein zu hohes Risiko in der Markterschließung sehen.
Bei genauer Betrachtung des Lebenszyklus eines Unternehmens zeigt sich mitunter das Dilemma, dass einerseits nicht ausreichend private Mittel durch die Gründer selbst zur Verfügung stehen, um die „Pre-Seed-“- und „Seed-Phase“ bewältigen zu können bzw. die „Start-up-Phase“ vorbereiten zu können. Andererseits sind die Unternehmen in dieser frühen Phase vom benötigten Finanzierungsvolumen her betrachtet noch nicht attraktiv genug für sogenannte „Business Angels“ oder „(Seed-)Venture-Kapitalisten“. Diese werden regelmäßig erst in der Unternehmenswachstumsphase (Expansionsphase) aktiv. Durch Crowdfunding kann diese Finanzierungslücke im Pre-Seed-, Seed- sowie Start-up-Stadium zumindest verringert werden.
(Rechtliche) Ausprägungsformen von Crowdfunding
Als Ausgangspunkt für die wesentlichen steuerlichen Aspekte im Zusammenhang mit Crowdfunding ist es hilfreich, typische Ausprägungsformen der Finanzierungsinstrumente im Rahmen des Crowdfunding kurz darzustellen.
Bei einer stillen Beteiligung wird Kapital für einen bestimmten Zeitraum zur Verfügung gestellt, ohne dass der Kapitalgeber nach außen hin in Erscheinung tritt. Der Kapitalgeber hat das nachrangige Recht, am Gewinn des Unternehmens teilzuhaben und das investierte Kapital nach Ablauf der Beteiligungsfrist zurückzuerhalten. Während ein atypisch stiller Beteiligter das unternehmerische Risiko mitträgt, bis zur vollen Höhe seiner Einlage haftet und an möglichen Wertsteigerungen des Unternehmens partizipiert, ist bei der typisch stillen Beteiligung die Beteiligung am Verlust unternehmensrechtlich ausgeschlossen.
Genussrechte vermitteln schuldrechtliche und keine gesellschaftsrechtlichen Ansprüche gegen die Gesellschaft auf Teilnahme am Gewinn oder Liquidationserlös. Der Investor wird durch das Genussrecht jedoch nicht Gesellschafter und erhält demnach keine Mitgliedsrechte, Stimmrechte oder Verwaltungsrechte. Je nach Ausgestaltung können Genussrechte ihrem hybriden Charakter vergleichbar als Eigen- oder als Fremdkapital klassifiziert werden. Ähnlich einer atypisch stillen Beteiligung kann ein Genussrecht die Teilnahme am Gewinn, Verlust und an einer eventuellen Wertsteigerung vermitteln. Verbriefte Genussrechte werden als Genussscheine bezeichnet.
Das partiarische Darlehen ähnelt als hybrides Finanzierungsinstrument stark dem unverbrieften Genussrecht, insbesondere wenn eine variable Verzinsung in Form einer Gewinnbeteiligung und ein Rückzahlungsanspruch, jedoch keine weiteren Vermögensrechte, gewährt werden. Wichtig ist, dass bei einem partiarischen Darlehen Verlustbeteiligung, Bezugs- und Umtauschrechte und eine Beteiligung am Liquidationserlös nicht möglich sind.
Steuerliche Aspekte
Von den vielfältigen steuerlichen Anknüpfungspunkten zum Thema Crowdfunding sollen besonders jene steuerlichen Aspekte hervorgehoben werden, welche für eine natürliche Person als Investor in ein Crowdfunding-Projekt relevant sind. Als Ausgangspunkt ist zuvor noch die vor allem bei Genussrechten wichtige Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital beim Kapitalnehmer zu nennen. Im Körperschaftsteuerrecht erfolgt eine klare Grenzziehung, indem Genussrechte dann als steuerliches Eigenkapital einzuordnen sind, wenn sie sowohl eine Beteiligung am (laufenden) Gewinn als auch am Liquidationsgewinn gewähren. Es handelt sich dann um ein sogenanntes „Substanzgenussrecht“, welches auch zur Folge hat, dass die Vergütungen an den Genussrechtsinhaber (Kapitalgeber) steuerlich nicht abzugsfähig sind. Es ist nämlich Einkommensverwendung beim Kapitalnehmer gegeben. Hingegen liegt ein Nominalgenussrecht (obligationenähnliches Genussrecht) vor, wenn keine Beteiligung am Gewinn und/oder am Liquidationsgewinn vorgesehen ist. Aus Sicht des Kapitalnehmers handelt es sich dann steuerlich um Fremdkapital und die Vergütungen an die Investoren sind steuerlich abzugsfähig.
Auf Seiten der Crowdfunding-Investoren ist die Unterscheidung zwischen Substanzgenussrecht (Eigenkapital) – das ist in Österreich die vorherrschende Form auf Crowdfunding-Plattformen – und Nominalgenussrecht (Fremdkapital) auch bedeutsam für die steuerlichen Folgen. Vergütungen aus Substanzgenussrechten, die im Privatvermögen gehalten werden, unterliegen dem KESt-Abzug i.H.v. 27,5% und sind endbesteuert. Vergleichbares gilt, wenn das Substanzgenussrecht von der natürlichen Person im Betriebsvermögen gehalten wird. KESt-Abzug mit Endbesteuerungswirkung beim Investor kann auch bei Nominalgenussrechten eintreten, sofern das Genussrecht verbrieft ist und öffentlich angeboten wurde (public placement). Andernfalls müssen die Einnahmen aus diesen fremdkapitalartigen Genussrechten vom Investor der Regelbesteuerung (progressiver Steuersatz bei natürlichen Personen) unterworfen werden.
Bei Crowdfunding in Form einer typisch stillen Beteiligung sind die Vergütungen beim Kapitalnehmer regelmäßig steuerlich abzugsfähig und führen beim Investor zu Einkünften aus Kapitalvermögen bzw. zu betrieblichen Einkünften, welche der Tarifbesteuerung unterliegen. Es kommt nicht zur KESt-(End)Besteuerung.
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